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Wiederholerinnen und Wiederholer in Thüringen

Das gefürchtete „Sitzenbleiben“ hat auch in Thüringen viel von seinem Schrecken verloren. Während früher bundesweit eine solche Erfahrung eng zur Lebenswirklichkeit unter Schülerinnen und Schülern gehörte, sind Pädagoginnen und Pädagogen heute dazu angehalten, rechtzeitig dagegen zu steuern und durch konsequente Förderung und Forderung den Schüler oder die Schülerin aus der Gefahrenzone zu bringen. Im Schulsystem spricht man von Wiederholern während diese Schüler umgangssprachlich auch als „Sitzenbleiber“ bezeichnet werden.

Dennoch droht auch heute Schülerinnen und Schülern, die den Anschluss an die Lernziele verlieren, das verordnete Wiederholen eines Schuljahres. Ein gewisses Restrisiko muss sein, das ist die Ansicht der meisten Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern in den einzelnen Bundesländern, zumal befürchtet wird, dass sich die Lücken von Schuljahr zu Schuljahr immer weiter vergrößern, wenn sich der Schüler oder die Schülerin allen Bemühungen seiner/ihrer Lehrerinnen und Lehrer entzieht.

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Kennzahlen

In Thüringen verfehlten im Schuljahr knapp 3.500 Schülerinnen und Schüler das Klassenziel. Dies entsprach einer Quote von 2,3 %, die mit dem Bundesdurchschnitt identisch ist. Im Ländervergleich schwankte die Bandbreite an Verlängerinnen und Verlängeren von 1,1 % in Berlin bis 3,8 % in Bayern. Zu bedenken ist außerdem, dass Jungen mit 60 % bei den Wiederholerinnen und Wiederholern überrepräsentiert waren. An dieser Kennzahl bestätigt sich der Trend, dass Problemfälle an Schulen meistens männlicher Natur sind, denn auch bei den Zurückstellungen und den Schülerinnen und Schülern an Förderschulen sind Jungen in einer deutlichen Mehrzahl.

Thüringen bundesweit auf dem vierten Platz beim Wiederholeranteil

Das Schuljahr 2019/20 war auch das Jahr des Beginns der Corona-Pandemie, deren Auswirkungen sich im März 2020 mit eruptiver Intensität in der Gesellschaft niederschlugen. Die Anfangsphase der Pandemie war für Schülerinnen und Schüler in einer Zeit, als noch kein Impfstoff gegen den Erreger entwickelt worden war, von lange andauernden Schulschließungen im Zuge der Lockdowns geprägt.

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Der fehlende Präsenzunterricht an den Schulen konnte durch digitale Lernangebote nur unzureichend aufgefangen werden. Dadurch ging viel Lehrstoff verloren, was manche Schülerinnen und Schüler zu einem freiwilligen Wiederholen des Schuljahres veranlasste. In Thüringen waren es mit 3.347 von 3.982 rund 84 % der Verlängerinnen und Verlängerer, die unter dem Eindruck der Pandemie im Schuljahr 2020/21 freiwillig zurückgetreten sind.

Obwohl der Anteil an Wiederholerinnen und Weiderholer im Freistaat Thüringen 2019/20 mit 2,3 % dem Bundesdurchschnitt entsprach, lag Thüringen im Ländervergleich zusammen mit dem Bundesland Niedersachsen an vierter Stelle. Der Grund dafür liegt darin, dass die Bundesländer mit einem höheren Schnitt, nämlich Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt, mit Quoten von 3,8 %, 3,1 % und 2,6 % deutliche Ausreißer nach oben darstellten. Die Bundesländer danach blieben hingegen relativ nahe beieinander:

  • Bayern: 3,8 %
  • Mecklenburg-Vorpommern: 3,1 %
  • Sachsen-Anhalt: 2,6 %
  • Thüringen: 2,3 %
  • Niedersachsen: 2,3 %
  • Nordrhein-Westfalen: 2,2 %
  • Hessen: 2,2 %
  • Brandenburg: 2,1 %
  • Rheinland-Pfalz: 2,0 %
  • Sachsen: 1,9 %
  • Bremen: 1,8 %
  • Saarland: 1,7 %
  • Baden-Württemberg: 1,6 %
  • Schleswig-Holstein: 1,3 %
  • Hamburg: 1,3 %
  • Berlin: 1,1 %

Wiederholerinnen und Wiederholer nach Schularten

Der Anteil der Wiederholerinnen und Wiederholer variiert in Thüringen von Schulart zu Schulart. Zudem beeinflusst der Umstand, ob die Schule sich in freier Trägerschaft befindet oder staatlich geführt wird, die Quote der Verlängerinnen und Verlängerer.

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Bezogen auf Gemeinschaftsschulen lag ihre Quote in staatlichen Einrichtungen bei 1,4 %, während in Gemeinschaftsschulen in freier Trägerschaft 2,0 % aller Schülerinnen und Schüler das Schuljahr wiederholen. In Regelschulen lag die Quote mit 2,9 % in staatlichen und 2,3 % in freien Schulen deutlich höher.

In Gemeinschaftsschulen fiel der deutliche Unterschied zwischen den Trägerschaften auf, da in staatlichen Schulen 3,0 % aller Schülerinnen und Schüler das Schuljahr wiederholen mussten, in freien Schulen aber nur 1,5 %. An den Gesamtschulen ergab sich mit einer Quote von 2,7 % an staatlichen Schulen und 1,0 % an freien Schulen ein ähnliches Bild.

Noch gravierender war der Unterschied bei den Förderschulen, denn während die Quote in staatlichen Schulen mit 5 % sehr hoch war, war diese mit 1,5 % in freien Schulen vergleichsweise moderat. Am geringsten war der Anteil der Verlängerinnen und Verlängerer in den Gymnasien. Nur 1,5 % aller Schülerinnen und Schüler mussten an staatlichen Lehranstalten wiederholen und an freien Schulen mit 1,1 % sogar noch weniger.

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Entwicklung des Wiederholeranteils seit 1992

Im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts wurden die hohen Zahlen an Wiederholerinnen und Wiederholern der Schülerinnen und Schüler in Deutschland problematisiert und Lösungsansätze zu ihrer Vermeidung entwickelt. Somit ist die Senkung der Wiederholerquote seit dieser Zeit ein Staatsziel und konnte im Zeitraum von 1999 bis 2019 zumindest von 2,8 % auf 2,3 % gesenkt werden.

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In Thüringen wurde dieses Ziel konsequent angegangen und die Verlängererquote, die mit 3,1 % in den Schuljahren 2000/01 und 2001/92 ihren Höchststand hatte, fiel rapide auf nur noch 1,3 % in den Schuljahren 2011/12 und 2012/13.

Dabei deutet sich eine Trendumkehr an. Jedenfalls zeigten sich bereits vor der Corona-Pandemie deutliche Kurskorrekturen und es wurden wieder mehr Schülerinnen und Schüler zum Wiederholen des Schuljahres gezwungen. Die Zahl der Wiederholerinnen und Wiederholer stieg auf diese Weise auf bis zu 1,9 % im Schuljahr 2018/19, bis diese unter den Auswirkungen der Pandemie auf den heutigen Wert kletterte.

Wiederholerinnen und Wiederholer nach Klassenstufen

Der Anteil an Wiederholerinnen und Wiederholer kann ebenfalls nach Klassenstufen differenziert werden. Wir unterscheiden zwischen der Primarstufe (Klassenstufen 1 bis 4), der Sekundarstufe 1 (Klassenstufen 5 bis 10) und der Sekundarstufe 2 (Jahrgangsstufen 11 bis 13). Der Ausgangspunkt der Untersuchungen ist wieder das Schuljahr 2020/21.

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Von den 76.693 im Primarbereich gemeldeten Schülerinnen und Schüler wurden 75.534 regulär versetzt. 1.144 Lernende mussten hingegen eine Klasse wiederholen, während 15 Schülerinnen und Schüler ein Schuljahr übersprangen. Mit 68.244 Schülerinnen und Schüler überwogen die Grundschülerinnen und Grundschüler, von denen 67.272 das Klassenziel erreichten, 959 das Schuljahr wiederholten und 13 übersprangen.

In den ersten vier Klassen der Gemeinschaftsschule erreichten von 6.760 Schülerinnen und Schüler 6.657 das Klassenziel, 101 wiederholten und 2 übersprangen ihr Schuljahr. Unter den 634 Waldorfschülerinnen und Waldorfschüler gab es nur 2 Verlängerinnen und Verlängerer, während an den Förderschulen von den 1.055 Lernenden 82 die Jahrgangsstufe wiederholten.

Im Sekundarbereich 1 waren hingegen 105.483 Schülerinnen und Schüler gemeldet, von denen 102.868 regulär versetzt wurden, während 2.611 das Schuljahr wiederholten und nur 4 ein Schuljahr übersprangen. Mit 44.714 Schülerinnen und Schülern waren die meisten an der Regelschule gemeldet. Hier erreichten 43.415 Lernende das Klassenziel, 1.297 wiederholten und 2 Schüler verkürzten ihre Schulzeit.

Mit 37.414 Schülerinnen und Schülern folgten die Lernenden der Gymnasien, von denen 36.890 regulär versetzt wurden, 523 wiederholten und einer übersprang. Von den 16.452 Gemeinschaftsschülerinnen und –schülern wurden 519 nicht versetzt. Von den 4.115 Gesamtschülerinnen und –schülern traf es 91 Lernende, während einer ein Schuljahr übersprang. Von den 2.753 Lernenden der Förderschulen wurden 174 nicht übernommen, während von den 35 Schülerinnen bzw. Schüler am Kolleg 7 das Klassenziel verfehlten.

Im Sekundarbereich 2 waren 12.469 Schülerinnen und Schüler gemeldet, von denen 228 eine Jahrgangsstufe wiederholten mussten. Vier Schülerinnen und Schüler entschieden sich für eine Verkürzung ihrer Schulzeit an der Oberstufe. Eine deutliche Mehrheit der Oberstufenschülerinnen und -schüler besuchte das Gymnasium. Hier wurden von 10.893 Schülerinnen und Schüler 10.707 versetzt und 186 wiederholten. Von den 990 Gesamtschülerinnen und –schülern verfehlten 26 das Klassenziel und von den 526 Gemeinschaftsschülerinnen und –schülern waren dies 9. Von den 60 Schülerinnen und Schülern am Kolleg gehörten schließlich 7 zu den Verlängerinnen und Verlängerern.

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